04.05 - 27.10.2019
Ernst Barlach - Käthe Kollwitz: Über die Grenzen der Existenz und Werner Berg: Abschied
Die dialogische Konzeption verbindet die Werke von Ernst Barlach, Käthe Kollwitz und Werner Berg und initiiert den Diskurs über Wachstum und Fortschritt.
Werner Berg Museum, Bleiburg (AT)
Es ist ihr ungebrochenes Plädoyer für den Menschen in seiner existenziellen Lebenssituation, das Ernst Barlach (1870-1938) ebenso wie Käthe Kollwitz (1867-1945) zu weltberühmten Einzelpositionen der Moderne macht. Sie haben die Sorgen und Nöte der Menschen ebenso wie ihre Hoffnungen und Träume in das Zentrum ihrer Kunst gestellt und in eindringlichen Bildern festgehalten. Eindringlich sind diese Bilder bis heute.
Schon früh konzipieren beide ihre künstlerische Arbeit im Widerspruch zu einer als kalt empfundenen, vom Materialismus geprägten Wirklichkeit. Über die Grenzen der Existenz wollen Barlach wie Kollwitz in ihren Werken hinausgehen. Sieht Barlach eine Überwindung eher im Spirituellen, in der geistigen Kompetenz des Menschen, so ist die künstlerische Arbeit der Käthe Kollwitz dem sozialen und gesellschaftspolitischen Engagement verpflichtet. Die größte Leistung beider Künstler ist jedoch sicherlich ihr leidenschaftliches Engagement für den Frieden und gegen den Krieg.
Mit über 160 Exponaten bietet die Ausstellung einen retrospektiven Überblick und ist die bisher umfangreichste Zusammenschau von Ernst Barlach und Käthe Kollwitz in Österreich. Faszinierend ist der unmittelbare Dialog mit dem Spätwerk Werner Bergs:
Im Werk von Werner Berg (1904-1981) lassen sich vielfach Spuren der Auseinandersetzung mit dem Schaffen von Ernst Barlach und Käthe Kollwitz finden. Wie Barlach bezweifelt auch Berg die Errungenschaften des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts. Schon 1931 zieht der promovierte Volkswissenschaftler und Maler auf einen entlegenen Bergbauernhof im Südosten Kärntens. Er will das Leben eines Bauern führen, trotz der damit verbundenen Härte und zeitlichen Beschränkungen für seine Malerei. Berg sucht die wahre, unverfälschte Existenz jenseits der bürgerlichen Konventionen. In der beschwerlichen Alltagswirklichkeit dieser abgeschiedenen Region findet er den Gegenentwurf zu der gesellschaftlichen Entfremdung. Über Jahrzehnte entstehen kraftvolle, farbenprächtige Bilder von Menschen, ihrem Lebensumfeld und der unberührten Landschaft.
In seinem Spätwerk jedoch verändert sich der Blick des Malers deutlich. Die zum Teil in dieser Ausstellung erstmals gezeigten Bilder sind eindringliche Zeichen der zunehmenden existentiellen Vereinsamung des Künstlers. Die Farben sind kühler und gedeckter. Kahle Neubauten, verlassene Bauernhöfe, sorgenvolle Menschen und melancholische Landschaften deuten auf die strukturelle Veränderung der Region hin, die Werner Berg immer fremder zu werden, zu entschwinden scheint.
Die Ausstellung Ernst Barlach - Käthe Kollwitz „Über die Grenzen der Existenz“ in Bleiburg wird von der Ernst Barlach Gesellschaft Hamburg in Kooperation mit dem Werner Berg Museum Bleiburg, dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) Stuttgart, den Ernst Barlach Museen Ratzeburg und Wedel ebenso wie zahlreichen privaten Leihgebern realisiert.