13.05.2018 - 13.01.2019
Hermann Hesse Dichter, Maler, Kultfigur
Hermann Hesse ist in aller Welt verbreitet und zählt inzwischen zu den beliebtesten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts.
Barlach Kunstmuseum Wedel
"Was ist mein Klassiker? Hermann Hesse ist mir besonders aufgefallen beim Studium der Literatur, so mit 18. Da las ich dann 'Demian', die Selbstfindung. Ich las Harry Haller, 'Steppenwolf', 'Siddartha'. Diese Heiligsprechung des Individuums, dieses nach eigenen Gesetzen leben, sich nicht Einreihen in eine marschierende Truppe, sondern dieser Respekt vor der Individualität – der eigenen, und auch der des Anderen. Dieses genaue sich Kennenlernen, auch in Extremsituationen sich austesten, das hat mir auf meinem Wege zu meiner Selbstfindung sehr geholfen" (Udo Lindenberg im Deutschlandfunk 14.07.2015)
Hermann Hesse ist auch 55 Jahre nach seinem Tod einer der beliebtesten und auflagenstärksten Schriftsteller der Welt. Hierzulande entweder abgelehnt oder verklärt, war er für Thomas Mann der ihm „nächste und liebste“ unter den zeitgenössischen Autorenkollegen, seit der „elektrisierenden Wirkung“ des „Demian“, die er mit derjenigen von Goethes „Werther“ verglich. Henry Miller hielt Hesses indische Buddha-Legende „Siddhartha“ für „eine wirksamere Medizin als das Neue Testament“.
Wie beglückend es sein kann, Hesse heute wieder zu lesen, haben in den letzten Jahrzehnten Sinnsucher aus allen Erdteilen erfahren, ist er doch ein Autor, mit dem man nie fertig wird und der uns wie kein anderer die Intensität der Jugend zurückbringt. Seine unverwechselbare Sprache verzaubert und besticht, weil sie wundervoll klar und unverstellt ist. Denn immer geht er aufs Ganze und schont auch sich selber nicht bei seiner Sehnsucht nach Sinn, Liebe und Selbstbestimmung. Nichts in seinen Schriften ist überholt, eintönig oder interpretationsbedürftig.
Seine Romane sind existenzielle Gleichnisse, Parabeln, Legenden, Seelenbiographien, Abenteuerreisen zu den Fundamenten des Selbst, jeden Leser betreffend in ihrer radikalen Subjektivität. Allen Ginsberg, Neal Cassady, Jack Kerouac und Carlos Santana haben ihn gelesen als einen Wegbereiter der Beatpoeten und Aufbruchkünstler in dramatischen Zeiten, damals wie heute. Dass dieser Dichter nie den jeweils modischen Literaturtheorien entsprach, ist eher ein Vorzug. Denn statt mit neuen Ausdrucksformen zu experimentieren, lag ihm an der Zugänglichkeit und der Überzeugungskraft der Inhalte. Das hat weder Franz Kafka, noch Thomas Mann, Stefan Zweig, Romain Rolland oder André Gide in ihrer Verehrung für Hesse irritiert. Gerade sein unmodisches Beharren auf Gewissen, Geist, Sinn und Beseelung des Lebens ist es, was heute so frisch und provozierend alternativ wirkt.
Wie fruchtbar das ist, illustriert u.a. die Dokumentation „Hermann Hesse antwortet“ auf Facebook. “Das ganze ‚Meta-Sein’ fehlt in dieser Welt“, schreibt da eine Facebook-Nutzerin, „ich hoffe mich genauso befreien zu können wie Harry Haller in dem Buch ‚Der Steppenwolf’“. Leider sind unsere Probleme seit Hesses Tagen weitgehend die gleichen geblieben: die Regie des Geldes, die geistlose Beliebigkeit des Kulturbetriebs und Feuilletonismus, die Vermassung und Anonymisierung des Lebens. Nach wie vor progressiv dagegen ist Hesses Aufforderung zum Eigensinn, zum Widerstand gegen Anpassung und Fremdbestimmung angesichts der Konformität in Institutionen, Schulen, Medien und Parlamenten. Die Ziele heutiger Bewegungen wie Greenpeace, Attac und Occupy wären ganz in seinem Sinne, weil sie Sand ins Getriebe des hemmungslosen Merkantilismus werfen.
Mit über 150 Millionen verkauften Büchern ist Hermann Hesse inzwischen in aller Welt verbreitet. In mehr als 70 Sprachen übersetzt, zählt er inzwischen zu den beliebtesten deutschsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Jährlich finden rund um den Globus zahlreiche weitere Hesse-Bände ihre Leser. Eine unvergleichliche Wirkungsgeschichte!