Grob geformte Tonziegel zu einer Mauer geschichtet
Madeleine-Dietz-Ohne Titel-2010

09.06 - 24.08.2014

Madeleine Dietz ZeitSchichten

Die Ausstellung ZeitSchichten findet parallel an drei Orten statt: im Ernst Barlach Museum Ratzeburg, im Ratzeburger Dom und in der Stadtkirche Sankt Petri.

Ernst Barlach Museum Ratzeburg

Ab dem 9. Juni 2014 war in Ratzeburg die Ringausstellung mit den künstlerischen Arbeiten von Madeleine Dietz zu sehen. Die Ausstellung ZeitSchichten fand parallel an drei Orten statt: im Ernst Barlach Museum Ratzeburg, im Ratzeburger Dom und in der Stadtkirche Sankt Petri. Neben der monumentalen, zwölf Meter langen Installation im Dom, wird in St. Petri das Documenta Projekt "Side by Side" gezeigt und das Museum gibt einen retrospektiv ausgerichteten Einblick in das Werk der Künstlerin.

Madeleine Dietz hat sich über Jahrzehnte neben ihrer Arbeit im musealen Raum intensiv und kritisch dem Dialog zwischen Kunst und Kirche gestellt. Die Basis ihrer künstlerischen Arbeit bilden Erde und Stahl. Die eine Grundsubstanz, mit Wasser eingeschwemmte, ohne Bindemittel getrocknete Erde, ist ein brüchiger, dem Verfall ausgesetzter Werkstoff, der durch das Prinzip der Schichtung nicht nur energetisch aufgeladen wird, sondern auch seine Fragilität überwindet. Dem entgegen steht Stahl als mächtige Kraft, wirkt statisch, rational aber keinesfalls unlebendig und kalt. Er trägt die dunkle, unruhige Haut des Walzens. Madeleine Dietz benutzt fast ausschließlich Walzstahl. Erde und Stahl atmen sich gegenseitig. Stahl, der Werkstoff von ewiger Dauer, wird als eindeutige, Richtung weisende, verlässliche, geometrische und architektonische Grundposition eingesetzt, umfängt die Erdschichtungen, stützt sie oder gibt ihnen ein Fundament. Stahl besitzt die Ausdruckskraft des Objektiven, bleibt die dem Kreislauf von Werden und Vergehen überlegene Materie. Darin aufgehoben, ihm zur Seite oder dialogisch entgegengestellt bildet die „geschichtete“ Erde die Summe der vergänglichen, an das Leben gebundenen, individuellen Erfahrungen. Zuweilen archäologischen Ausgrabungsorten ähnelnd beschreiben die Arbeiten von Madeleine Dietz kollektive Lebensgeschichte. Ihre Werke rebellieren in aller Stille gegen die Synchronität der modernen Welt.

Neben zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland und im Ausland hat Madeleine Dietz seit 1997 zwölf Kirchen liturgisch ausgestattet, zahlreiche Abschiedsräume gestaltet und zur Documenta 2007 im Museum für Sepulkralkultur das Projekt "side by side" realisiert: Über viele Jahre hinweg hatte sie sich von Menschen aus 140 Ländern kleine Mengen Erde von Orten, an denen Tote bestattet oder verbrannt werden, schicken lassen und dazu authentische Berichte über die jeweiligen Abschiedsrituale. In kleinen Holzkästchen, Seite an Seite, wurde diese Erde aufbewahrt, ausgestellt und schließlich im Museumsgarten zu einem Pflanzfeld vereinigt.

Madeleine Dietz hat immer darauf bestanden, dass ihre Kunst auch in Kirchenräumen niemals Dekoration ist. Sie ist, im Gegenteil, intensiv, verstörend und bewusst machend. Sie konfrontiert ihre Betrachter mit den existentiellen Fragen des Lebens: woher komme ich, wohin gehe ich und welche Aufgaben habe ich hier, in diesem Leben, in unserer Welt zu lösen.